Nato-Übung im Kreis Stendal: Panzer setzen über die Elbe

Hunderte Militärfahrzeugen waren am Sonnabend zwischen Storkau und dem Truppenübungsplatz in der Colbitz-Letzlinger Heide unterwegs. Ans andere Elbufer gelangten sie an der Übersetzstelle bei Hohengöhren.

Von Ingo Freihorst | 04.04.2022

Erstmals setzten in diesem künftigen Nato-Gefechtsverband auch Puma-Schützenpanzer mit der amphibischen Schwimmschnellbrücke M3 der Mindener Pioniere über die Elbe bei Hohengöhren. Im Hintergrund ist Storkau zu sehen, von wo es zum Übungsplatz in die Colbitz-Letzlinger Heide ging. Fotos: Ingo Freihorst

 

Hohengöhren/Klietz – Nein, es ist nicht die Post gemeint, wenn Brigadegeneral Alexander Krone, Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 37, von „Paketen“ spricht: Pakete sind jene Fahrzeugtrupps, die gemeinsam über die Elbe setzen. Je nach Gewicht und Größe schwankt deren Anzahl. Die je 62 Tonnen schweren Leopard-2-Panzer können nur zu zweit übersetzen, denn die Tragfähigkeit der M3-Schwimmbrücke beträgt maximal 140 Tonnen. Es wäre aber auch kein Platz mehr.

In Sachsen und Thüringen stationierte Truppenteile der Bundeswehr-Brigade – vorweg das Panzerbataillon 393 aus Bad Frankenhausen – setzten am Sonnabend bei Hohengöhren über die Elbe. Mit dabei waren zudem Teile des Sanitätsregiments 1 aus Weißenfels. Insgesamt waren es 350 Fahrzeuge, darunter 71 Kettenfahrzeuge, erfuhren die aus ganz Deutschland und sogar aus Schweden angereisten Journalisten bei der Einweisung auf dem Parkplatz im Hohengöhrener Gewerbegebiet.

Übung endet am 13. April

Seit Mittwoch hatte sich der Tross auf dem Klietzer Übungsplatz aufgehalten, wobei auch scharf geschossen wurde, berichtete Oberstleutnant Thomas Poloczek vom Landeskommando. Die Großübung nennt sich „Wettiner Schwert“, sie endet am 13. April.

Der Hauptteil wird sich in den kommenden Tagen im Gefechtsübungszentrum Heer (Güz) „Altmark“ abspielen, dort wird der Gefechtsverband zertifiziert. Und zwar für die Schnelle Eingreiftruppe der Nato für die Zeit bis 2024. Bei der Übung im Güz erhalten die Soldaten den „Feinschliff für ihre Auslandseinsätze“, wurde informiert.

Das Sanitätsregiment mit seinen 450 Soldaten und etwa 70 Fahrzeugen wurde bei der Übung ebenfalls zertifiziert – und zwar für die „Schnelle Medizinische Eingreiftruppe“ der Nato, was in enger Zusammenarbeit mit der Übungstruppe des Güz erfolgte.

Drei Schwimmfähren setzten Fahrzeuge über

Insgesamt drei Schwimmfähren sicherten das Übersetzen ab. Jeweils vier Amphibienfahrzeuge bildeten eine Fähre. Was schräg nach oben ragt, ist der hydraulische Bordkran, der zum Aufbau benötigt wird. Acht dieser Amphibien können eine hundert Meter lange Brücke bilden. Aufbauzeit: 20 Minuten.

Etliche Fahrzeuge der Bundeswehr tragen Tiernamen: Der Pionierpanzer heißt „Dachs“, der „Fennek“ ist ein Spähwagen und der „Marder“ ein Schützenpanzer. Der Nachfolger des Letzteren wird seit 2015 produziert – der „Puma“. Dieser ist stärker gepanzert und motorisiert. Besaß der Marder einen 600-PS-Motor, bringt es der Dieselmotor des Pumas auf 1090 Pferdestärken. Seine Panzerung schützt die neunköpfige Besatzung hochwirksam vor Minen und dem Beschuss mit Panzerwaffen. Der Puma ist neu im Gefechtsverband der Panzergrenadiere.

Dieser Brückenlegepanzer namens Leguan löst den Biber ab. Hindernisse bis zu 24 Meter Breite können mit dessen Brücke überwunden werden.

Foto: Ingo Freihorst

Auch Kradmelder befanden sich mit im Gefechtsverband – sie werden benötigt, wenn der Funk gestört ist.

Foto: Ingo Freihorst

Auch Kradmelder wieder mit dabei

Recht neu im Tross waren auch zweirädrige Fahrzeuge: Die Stunde der Kradmelder auf ihren wendigen Motorrädern schlägt, wenn das Funknetz zusammenbricht. Dann sind wieder Zettel und Stift gefragt. Oder sie erkunden auf der 95 PS starken BMW Marschwege.

Wert legt die Bundeswehr auch auf die Feststellung, dass diese Übung nichts mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu tun hat: Die Übung ist vielmehr Teil einer seit Jahren geplanten Serie zur Herstellung der Einsatzbereitschaft für die Leitfunktion der Bundeswehr bei der schnellen Eingreiftruppe der Nato.

Das Übersetzen ist nicht ungefährlich: 2007 versank hier ein Leopard in der Elbe. Weshalb mehrfach kontrolliert wurde, ob die Pakete auch passend „geschnürt“ wurden. An einem Kontrollpunkt stand ein Adler: Der „Eagle“ ist ein Funktionsfahrzeug – diesmal quasi mit wachsamen Adleraugen.