Mit dem „Leutewagen“ durch die Feldmark
Die Agrar-Genossenschaft ELBELAND eG Scharlibbe lud am Sonnabend vor Pfingsten alle Mitglieder, Verpächter und Freunde zur traditionellen Flurbegehung ein. Zeit für Feldfahrten, Besichtigung der Technik, zum Fachsimpeln und gemütlichem Beisammensein mit Spanferkel, Kaffee und Kuchen.
Von Lothar Schirmer
Begrüßung der Gäste durch die Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende Ute Panter (m) und die Vorstandsmitglieder Frank Schirmer (l) und Arnim Glimm (r). Foto: Lothar Schirmer
Scharlibbe | Nach zweijähriger Pause trafen sich gut 50 Gäste auf dem Wirtschaftshof der Agrar-Genossenschaft ELBELAND eG, um zu erfahren, wie es um ihre Genossenschaft steht und um endlich mal wieder miteinander zu plaudern. Um es gleich vorwegzunehmen: „Es geht uns gut …“ – sagte Ute Panther, Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, in ihrer Begrüßungsrede, bevor sie auf die Turbulenzen, die die Corona-Krise und der angespannte Markt nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine mit sich brachten. „Es hat auch bei uns wirtschaftlich ganz schön gerappelt“ gesteht sie, um gleich nachzulegen, dass mit dem Ideenreichtum, dem Engagement und viel Fleiß ihrer Mitarbeiter bisher alle Hürden genommen wurden.
Von wirtschaftlichem Auf und Ab nicht kleinkriegen lassen
War die Läuferaufzucht lange Zeit das sichere Standbein der Genossenschaft, so brachten die extremen Preiseinbrüche schon vor zwei Jahren, mit 28€ pro Ferkel große Sorgen. Jetzt liegt der Ferkelpreis bei 40€ und das ist bei gestiegenen Futterpreisen, die sich nahezu verdoppelt haben, kaum noch gewinnbringend zu betreiben. Für die Genossenschaft heißt das; Investitionen zurückstellen, Erneuerungen verschieben, kurz „alles auf Sparflamme, um den Betrieb weiter am Laufen zu halten.“ Die Strategie auf mehrere Standbeine zu setzen, hat sich wieder einmal als richtig erwiesen. Relativ gute Preise beim Ackerbau und in der Mutterkuhhaltung helfen, dieses Tief abzufangen. Was nach Sonnenschein aussieht hat aber auch Schattenseiten. Panther dazu: „Wenn in den Medien steht –Bauern verdienen mit Getreide so viel wie nie– vergisst man, das hohe Getreidepreise auch die Preise für die zu kaufenden Futtermittel extrem ansteigen lassen.“ Was über die angespannte Lage hinweg hilft, ist eine Biogasanlage, die mit Gewinn produziert und so andere Verluste teilweise ausgleicht. Bei aller ausufernder Bürokratie und ständig wechselnden gesetzlichen Vorlagen für alle Gebiete der Landwirtschaft, die einem kaum Zeit für die eigentliche Arbeit lassen, sagt die Geschäftsführerin: „Manchmal frage ich mich, wofür mache ich das alles? Aber dann lassen wir uns alle den Spaß an der Arbeit doch nicht verderben.“
Fotos: Lothar Schirmer
Hightech-Traktor zieht historischen Anhänger
Spaß, kombiniert mit interessanten Fakten gab es bei der Fahrt durch die Feldmark. 69 Jahre gibt es die Agrargenossenschaft. Aus Ihren Zeiten als LPG stammt der „Leute-Wagen“. Ende der 60er eine echte Errungenschaft für die Frauen und Männer, die mit ihm auf die Felder gebracht wurden. Kleine Tische aus Sprelacartplatten und festmontierte Stühle mit den damals üblichen weinroten Kunstlederbezügen verbreiten ihren ganz eigenen Charme und sind, neben gesprungenen Fensterscheiben, untrügliches Zeichen auf ein stattliches Alter. Arnim Glimm, Leiter der Pflanzenproduktion, verteilt an die Fahrgäste Bier und Radler, während der Wagen über Feld und Waldwege holpert. Das Besondere an den 1250 ha, die von der Genossenschaft bewirtschaftet werden, ist ihre unterschiedliche Bodenqualität. Rund um Scharlibbe wechseln extrem sandige Flächen mit mittleren und schweren Böden. Je nach Beschaffenheit werden sie als Grünland oder zum Anbau von Winterweizen, Winterroggen, Wintergerste, Triticale (Kreuzung aus Weizen als weiblichem und Roggen als männlichem Partner) Winterraps, Silomais, Zuckerrüben und Ackergras genutzt. Die Vielfalt der angebauten Pflanzen, kombiniert mit gut durchdachter Fruchtwechselfolge hat bei allen Kapriolen, die Wetter und Weltwirtschaft schlagen, immer für einen Ausgleich gesorgt. Gute Einnahmen werden mit Mais erzielt, der auf 25% der Ackerfläche angebaut wird. 5% der Ackerfläche sind Blüh- oder Schonstreifen.
Von den hohen Getreidepreisen profitiert die Genossenschaft nicht sehr, weil 60% der Erträge mit im vergangenen Jahr geschlossenen Verträgen schon verkauft sind. Der Umstand, dass laut neuester Düngemittelverordnung nur zwei Drittel der eigentlich erforderlichen Düngemittel gegeben werden dürfen, wird zwangsläufig zu einem Rückgang der Erträge führen. Dazu kommt, dass für einen Hänger Dünger, der früher zwischen 5.000 – 7.000€ kostete, jetzt gute 20.000€ gezahlt werden müssen.
Foto: Lothar Schirmer
Zwischenstopp bei den Mutterkühen und ihren Kälbern
Vor und hinter dem Elbdeich liegen die Weiden, auf denen die zwei Herden der ELBELAND eG weiden. Bei unserem Stopp dicht am Weidezaun geht jedem Tierliebhaben das Herz auf. Neugierig nähert sich die Großfamilie mit Bullen, Kühen und vielen Kälbern. Die Fortpflanzung passiert hier noch auf ganz natürliche Weise. Die Bullen werden im Frühjahr zu den Kühen auf die Weide gelassen, so dass im Oktober und November das freudige Ereignis des Liebesspiels erwartet werden kann. Beim Abkalben sind die Kühe im Stall, bis der Austrieb im nächsten Frühjahr, mit schon kräftigen Kälbern beginnen kann. Das ist sicher auch die Erklärung dafür, dass es noch keinen Riss durch Wölfe gab, obwohl sie schon an den Weiden waren.
Frank Schirmer erklärt die Arbeitsweise der Biogasanlage. Foto: Lothar Schirmer
Biogasanlage produziert Strom rund um die Uhr
Eine Hightech-Anlage, groß wie ein eigener Betrieb ist die Biogasanlage der Agrargenossenschaft. Frank Schirmer und Thomas Zarwel sind die Herren des Komplexes, in dem die Gülle aus den Schweineställen, gemixt mit Silage in Biogas und das wiederum in Elektroenergie und Wärme verwandelt wird. Über ein ausgeklügeltes System wird Strom erzeugt, der ins Stromnetz gespeist wird. Mit der Wärme werden die Gebäude der Genossenschaft und die Stallungen geheizt. Im Jahr 2020 wurde die Anlage vergrößert. Zwei große Aggregate sorgen nun für eine flexible Stromerzeugung. Das heißt, wenn der Strombedarf im Netz hoch ist laufen beide Motoren, wird wenig Strom benötigt werden die Motoren ausgestellt und das Gas im Gasspeicher gelagert. Diese Bedarfsgerechte Stromerzeugung ist ein Vorteil von Biogasanlagen gegenüber den anderen erneuerbaren Energien. „Mit dem Strom, den wir erzeugen, könnten wir 1500 Haushalte versorgen und die Wärme würde für ca. 100 Haushalte ausreichen“ sagt Frank Schirmer und fügt hinzu, dass das die Menge ist, die er mit der Anlage gesetzlich produzieren darf. Tatsächlich könnte er gut 15% mehr Elektroenergie erzeugen und ins öffentliche Netz einspeisen aber die Vorschriften erlauben es nicht. Das Gute an der Regelung ist, dass das Limit über das ganze Jahr stimmen muss. Das bedeutet, in den Wintermonaten produzieren sie mehr Strom und damit auch Wärme, die zur Beheizung der Ställe benötigt wird, im Sommer wird die Produktion heruntergefahren.
Fotos: Lothar Schirmer
Spanferkel und leckerer Kuchen
Frische Luft macht hungrig und wenn man schon einmal dort ist, wo Ferkel produziert werden, dann gönnt man sich auch eins in seiner edelsten Verarbeitungsform. Lecker zubereitet und in der Bäckerei Glaser zart gebraten, war es der kulinarische Höhepunkt neben den Bockwürsten und dem selbstgebackenen Kuchen. Alles in allem eine gelungene Veranstaltung für die Gäste und deshalb ein dickes Dankeschön an die das ganze Team der AG ELBELAND.